"Die Entdeckung der Langsamkeit" ist auf den ersten Blick zugleich ein Seefahrerroman, ein Roman über das Abenteuer und die Sehnsucht danach und ein Entwicklungsroman. Doch hat Sten Nadolny die Biographie des englischen Seefahrers und Nordpolforschers John Franklin (1786-1847) zu einer subtilen Studie über die Zeit umgeschrieben: die Langsamkeit als eine Kunst, dem Rhythmus des Lebens Sinn zu verleihen. Wie bei einem Palimpsest erscheint hinter den Sätzen eine andere Schrift, hinter der Prägnanz und Redlichkeit der Aufklärung verbergen sich Humor und Traurigkeit der Romantik.
Von Kindheit an träumt John Franklin davon, zur See zu fahren, obwohl er dafür denkbar ungeeignet ist: Langsam im Sprechen und Denken, langsam in seinen Reaktionen mißt er die Zeit nach eigenen Maßstäben. Zunächst erkennt nur sein Lehrer, daß Johns eigenartige Behinderung auch Vorzüge hat - was er einmal erfaßt hat, das behält er, das Einzigartige, das Detail begreift er besser als andere. John Franklin geht zur Marine, erlebt den Krieg und das Sterben. Beides trifft ihn um so furchtbarer, als er innerhalb des von ihm kaum begriffenen, chaotisch schnellen Geschehens einzelne Vorgänge wie in Zeitlupe ablaufen sieht. Er träumt von friedlicher Entdeckung, will die legendäre Nordwestpassage finden.